Die königlichen Gewächshäuser von Laken – tropischer Regenwald in Brüssel

Jedes Jahr im Frühjahr sind die königlichen Gewächshäuser vom Schloss Laken für die Öffentlichkeit zugänglich. 2018 habe ich das Anwesen des belgischen Königs besucht und war überwältigt von der Größe und der Vielfalt an Pflanzen die sich in den Gewächshäusern befinden. Jedoch sollte man nicht vergessen, das die königlichen Gewächshäuser und die exotischen Pflanzen darin Zeugen eines der dunkelsten Kapitel der belgischen Geschichte sind…

Ein Palast aus Glas und Stahl

Es ist schon sehr beeindruckend überhaupt durch das sonst für die Öffentlichkeit geschlossene Eingangstor des Schloss Laken zu gehen und das Grundstück zu betreten, auf dem die königliche Familie wohnt. Nach einer gründlichen Kontrolle wie am Flughafen darf man dann weiter in Richtung Gewächshäuser gehen.

Zu Besuch bei König Phillippe und Königin Mathilde


Als erstes betritt man die Orangerie. Mit seinen beiden an Minaretten erinnernde Schornsteine dient die Orangerie bei den öffentlich zugänglichen Tagen der Gewächshäuser als Ein- und Ausgang. Außerdem gibt es dort ein kleines Café und einen Souvenirshop. Diese sind zwischen prächtigen alten Zitrusgewächsen aufgebaut. Der ausgeschilderte Parkour führt nun weiter zu einem Innenhof. Dieser liegt außerhalb der Gewächshäuser an einem der Flügel des königlichen Palastes. Von hier aus folgt man einem Weg entlang des riesigen Parks des königlichen Anwesens. Die gewaltigen Glaspaläste sieht man also erstmal nur von außen. Das ist schon sehr beeindruckend!

Der Park und seine exotischen Gebäude

Auf dem Weg zum eigentlichen Eingang in die königlichen Gewächshäuser kann man sowohl die weitläufige Parkanlage als auch die sich darin befindlichen exotischen Gebäude betrachten. Neben dem reetgedecktem Gartenhaus im englischen Stil findet man auch einen original Japanischen Turm und einen griechischen Tempel.

Japanischer Turm
Auch der japanische Turm im königlichen Park ist sehenswert
Von Außen schon sehr beeindruckend: Der „Wintergarten“
Parkanlage
Die weitläufige Parkanlage
Treibhaus
Verspielte Architektur der „Kathedrale aus Glas“

Doch hat man einmal den Park verlassen, tritt man ein in eine märchenhafte Blütenwelt. Denn im inneren der Gewächshäuser blühen Kamelien, Fuchsien, Azaleen und Unmengen exotischer Pflanzen um die Wette. Im „Kongo-Haus“ stehen meterhohe Palmen und andere afrikanische Urwaldbäume unter einem gewaltigen, von Säulen gestütztem Dach aus Glas und Stahl. In den verschiedenen Verbindungsgängen, durch die man trockenen Fußes von einem ins andere Gewächshaus kommt blühen unzählige Ampelpflanzen in den kräftigsten Farben.

Monumentaler Bau mit vielen Details

Der Höhepunkt liegt kurz vor Ende der Tour durch die Gewächshäuser, im „Wintergarten“. Dieser 60m breite und 30m hohe Kuppelbau ist ein Meisterwerk aus Gusseisen und Glas. Seine Kuppel wird von einem Säulengang aus dorischen Säulen zusätzlich gestützt. Der Architekt, Alphonse Balat, entwarf den kompletten Bau im Stil des Art Déco. Jedes noch so kleinste Detail wurde daran angepasst. So sind beispielsweise die Türgriffe versehen mit dem Embleme des König Leopold II, einem doppelten, gespiegeltem „L“. Die Bewohner der Wintergartens sind riesige Palmen, Farne, Orchideen und andere exotische Gewächse.

überall in den Gewächshäusern blühen die Pfanzen in voller Pracht
Unter dem riesigen Palast aus Glas wachsen riesige Palmen
Man kommt sich vor wie im Regenwald

Die grausame Entstehungsgeschichte der Gewächshäuser

Es wird an nur einer Stelle in den Gewächshäusern kurz darauf hingewiesen, wem wir diese prächtigen Bauten zu verdanken haben. Wenn man den Hintergrund kennt, weis man warum dies nur so nebensächlich geschieht: Es war König Leopold II, der die Gewächshäuser ab den 1870ern in Auftrag gab und auch finanzierte. Er hatte einen unsagbaren Reichtum mit seiner Privatkolonie, dem Kongo-Freistaat gewonnen. Doch für diese Reichtümer waren Millionen von Afrikaner einer brutalen und rücksichtslosen Ausbeutung unterworfen. In seinem Glaspalast wollte König Leopold II dann auch seinen Einfluss und seine Macht im Kongo präsentieren. Er lies Unmengen exotischer Pflanzen aus dem Kongo nach Brüssel schaffen.

Es ist traurig aber wahr, dass wir heute etwas mit großen Augen bestaunen, was eigentlich einen schrecklichen Ursprung hat. Bei meinem Besuch hat es mir auch gezeigt, wie nah Faszination und Abscheu manchmal beieinander sind. Einerseits war ich total überwältigt von der exotischen Vielfalt und architektonischen Meisterleistung, andererseits haben dafür hunderttausende Menschen in Afrika ihr Leben lassen müssen, damit „wir Europäer“ ein Stück Afrika in unserer Heimat bewundern können, die in Afrika mutwillig und böswillig weggerissen wurde.

Andy

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