Vor einigen Wochen war ich auf der Suche nach einem guten Wein. Denn unter Freunden wollten wir eine Weinprobe organisieren, bei der jeder der Anwesenden einen Wein zur Verköstigung präsentiert. Da wir 2017 auch schon so eine Weinprobe gemacht hatten, wussten wir, dass dies ein lustiger Abend wird und wollten es dieses Jahr wiederholen. Damals hatte ich einen Wein aus Belgien vorgestellt und wollte das auch für den diesjährigen Weinabend wieder tun. Ich recherchierte im Internet nach Weinanbaugebieten in Belgien und stieß auf den sehr ansprechenden Begriff „La petite Provence belge“ – die kleine belgische Provence in der auch Wein angebaut wird. Schnell war entschieden, dass ich mir einen Wein aus dieser Region besorgen wollte und plante eine Reise dorthin.
Die Tiefen der Provinz Luxemburg – tief in der luxemburgischen Provinz
Da Torgny mit den öffentlichen Verkehrsmittel nicht so schnell zu erreichen ist (5 stündige Zugfahrt bei der man 3 Mal umsteigen muss und anschließend eine 2 stündige Busfahrt), entschied ich mich mit dem Auto dorthin zu fahren (immerhin auch knapp 2 Stunden). Je näher ich dem Ziel kam, um so weiter fühlte man sich von der Zivilisation abgeschnitten. Die lange, endlos scheinende Landstraße, die von der Autobahnausfahrt Virton in den äußersten Süden Belgiens führt, durchquert abwechselnd den dichten Wald der Ardennen und die weite Wiesenlandschaft des Pays de Gaume. Doch einmal angekommen, verspürt man sofort den Charme des kleinen Örtchens. Und auch der schmucke Name- La petite Provence belge– macht ihm alle Ehre.
La petite Provence belge
Ich parkte am kleinen Friedhofsparkplatz direkt hinter der Kirche. Von einer kleinen Anhöhe hinter der Kirche hat man eine schöne Sicht über die rostrot gedeckten Dächer der aus gelblichen Sandstein gebauten Häuser. Die meisten Fensterläden und Türen sind in einer kräftigen Farbe gestrichen und die Fensterbänke mit üppigen Blumen geschmückt. Vom Friedhof führt ein kleiner Weg mit einigen Stufen direkt zur kleinen Place Albert Paul, einem netten Platz vor der Kirche, an dem sich auch das alte Rathaus und die Touristeninformation befindet. Zum Zeitpunkt meines Besuches war das ganze Dorf wie ausgestorben, die Touristeninformation hatte geschlossen. Nur einige Schritte entfernt, vorbei an weiteren wie in Butter gemeißelten, südfranzösisch anmutenden Häusern, erreicht man einen Platz an dem sich ein altes Waschbecken mit Brunnen befindet.
Bei einem Spaziergang durch die fünf anderen Straßen im Ort, wird einem klar, warum dieses idyllische Dorf auf der Liste der schönsten Dörfer der Wallonie zu finden ist. Die liebevoll restaurierten Häuschen, die schön angelegten Gärten, die sauberen Plätze und das südländische Flair des ganzen Dorfes geben einem wirklich das Gefühl in einem kleinen, pittoresken Ort in der Provence zu sein – der Provence belge. Sogar der Duft von Lavendel hing in der Luft, da viele der Einwohner ihn in den Vorgärten gepflanzt hatten.
Weinanbaugebiet mit außergewöhnlichem Klima
Im ganzen Ort merkt man, dass der Weinanbau eine wichtige Rolle spielt. Überall wachsen Weinreben. Auf öffentlichen Plätzen, an Hauswänden und in den Gärten. Oberhalb des Dorfes befindet sich der Weinberg der Weinkellerei „Poirier du Loup“ („Wolfsbirnbaum“). Auf dem Weinberg steht ein Birnbaum, an dem angeblich der letzte Wolf der Gegend erwischt wurde, daher der Name. Das Weingut kann auch mit Voranmeldung besichtigt werden. Da ich dies allerdings erst vor Ort erfahren hatte, spazierte ich nur durch den kleinen Weinberg.
Weine der Region, aber auch anderer Weinanbaugebiete der Welt, kann man in der kleinen Weinkellerei „Vin en Vie“ in der Rue Escofiette kaufen. Der engagierte Betreiber dieser Weinhandlung erzählte mir sehr viel über den Wein und die Region in der er angebaut wurde: Das besondere Mikroklima in dem sich Torgny befindet führt dazu, dass der Wein hier besonders gut gedeiht. Die Lage in einem Talkessel begünstigt die Weinanbaugebiete, weil sie vor kühlen Winden und großen Niederschlagsmengen geschützt werden. Durch diese spezielle Lage sind die Weinreben allerdings auch sehr empfindlich. Denn falls der Winter zu streng ist oder ein später Frost sich doch bis in den Talkessel einfindet, kann es sein, dass die Ernte eines kompletten Jahrgangs vernichtet wird, so wie es 2016 zuletzt der Fall war. 2017 wurde in nur einer Nacht durch Bodenfrost 40% der Ernte vernichtet. Für 2018 rechnete er aber mit einem ausgezeichnetem Jahrgang.
Der Sommelier hätte sicher noch Stunden erzählen können, doch ein anderer Kunde hatte es eilig mit einer Lieferung und so bedankte ich mich für die gute Beratung, kaufte eine Flasche Wein und verabschiedete mich.
Der südlichsten Punkt Belgiens
Da ich schonmal in der Nähe war, wollte ich auch zum südlichsten Punkt Belgiens wandern. Vom zentralen Platz aus erreichte ich über die Rue de l’Ermitage die immer schmaler werdende Rue Jean. Vorbei an Wiesen und Maisfeldern folgte ich am Ende der Straße einem Feldweg, bis auch dieser zu Ende war. Nun stand ich deutlich sichtbar vor dem Hügel, der einen Teil des Talkessels bildete, über den mir der Sommelier erzählt hatte. An dessen Fuße fliest die Chiers, die teilweise die Grenze zu Frankreich markiert. Am Rande der Wiese, in der ich mich nun befand, lag unscheinbar unter einer großen Hecke die Grenze zu Frankreich. Ich ging immer an der Hecke entlang, in der Hoffnung eine Grenzmarkierung zu finden und wurde nach einer Weile auch fündig. Scheinbar war ich nicht der Einzige der diesen Grenzstein gesucht hatte. Denn jemand hatte ihn gut sichtbar mit einem gelben Sandstein markiert.
Das war eine sehr ausgiebig erklärte Führung durch diesen kl. Ort. Danke Andy. Den werden wir bestimmt einmal besuchen.
Vielen Dank für dein Feedback. Es ist wirklich ein schönes Örtchen und sehr sehenswert!