Tournai – Mit Türmen Geschichte erleben!

Es wird Zeit mal eine der ältesten Städte Belgiens vorzustellen, die einiges zu bieten hat: Tournai. Zusammen mit Tongeren und Arlon gehört das Städtchen an der Schelde zu den Orten in Belgien, die römische Wurzeln haben.

Abwechslungsreiche Geschichte

Das gallisch-römische Turnacum war Tournai sogar einst die Hauptstadt des Frankenreiches, bis es 486 von Paris abgelöst wurde. Außerdem ist es die einzige belgische Stadt, die jemals von England besetzt wurde. Später war die für ihre Tuche schon im Mittelalter wichtige Stadt noch unter spanischer, französischer, österreichischer und niederländischer Herrschaft, eh sie letztendlich 1830 belgisch wurde.

Natürlich hat eine so abwechslungsreiche Geschichte Spuren in der Stadt hinterlassen. Anhand einiger Bauwerke (alles Türme), die man auch heute noch in der Stadt besuchen kann, möchte ich die Stadt nun etwas näher bringen.

Stadt der Türme

Tournai hat zahlreiche geschichtsträchtige Türme. Der älteste Belfried Belgiens ist einer davon. Zwei weitere stehen direkt an der Schelde und waren bis vor kurzem Teil einer Brücke. Ein weiterer Turm ist der einzige Zeitzeuge über die kurze englische Herrschaft der Stadt. Die Kathedrale hat gleich 5 Türme! Hier folgt nun die Geschichte zu den Türmen.

Der alte Turm (Belfried)

Der Belfried von Tournai ist der älteste in Belgien. Er wurde auf den Grundmauern eines noch älteren Turms der römischen Stadtmauer gebaut. Während der fränkischen Herrschaft im Mittelalter suchte König Philipp II von Frankreich verbündete gegen den Grafen von Flandern. Also verlieh er der Stadt Tournai die Rechte einen Wehrturm zu bauen und besorgte sich somit Verbündete. Über die Jahrhunderte wurde immer wieder an dem Turm gebaut. Sein heutiges, neugotisches Aussehen hat er erst seit 1844. Seit 1999 gehört er mit weiteren Belfrieden in Belgien und Frankreich zum UNESCO-Welterbe. Wer ein bisschen schwindelfrei ist, kann ihn bis unter das Dach hinaufsteigen und die Aussicht über die Stadt genießen. Nur sollte man vielleicht nicht gerade zu jeder Viertelstunde neben den Glocken stehen, die dann ihre Melodien spielen.

Belfried von Tournai
Der Belfried von Tournai ist der älteste Belgiens

Die getrennten Türme (Pont des Trous)

Die Schelde verbindet Tournai seit jeher mit Gent und der Hafenstadt Antwerpen. Teil der Stadtbefestigung bildete bis 2019 das Wassertor „Pont des Trous“. Auch wenn das Tor wie als Ganzes erschaffen aussieht, ist der linke Turm fast 120 Jahre älter als der rechte. Denn als der Handel in Tournai immer wichtiger wurde, hat man über der Schelde zum Schutz der Stadt ein Tor gebaut. Nun konnte man besser kontrollieren wer über den Wasserweg in die Stadt oder aus der Stadt wollte. Sie überstand sämtliche Kriege und Schlachten. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges jedoch wurde sie gesprengt. Man baute sie aber nach dem Krieg wieder auf. Diesmal aber 2,4m höher, damit größere Schiffe drunter passten. Letztendlich wurden die Schiffe jedoch immer größer und man beschloss die Bögen, die die beiden Türme verbinden, unter Protest 2019 abzureißen. Bis 2021 sollen nun neue, noch höhere Bögen gebaut werden.

Pont des Trous
Die Bögen in der Mitte der Brücke wurden 2019 abgerissen. Sollen bis 2021 in angepasster Form aber wieder errichtet werden.

Der einzige englische Turm Belgiens (Tour Henri VIII)

Im Norden von Tournai, unweit des Bahnhofs steht in einer Parkanlage ein weiterer Turm, der die Geschichte der Stadt erzählt. Der auch als Grosse Tour (Dicker Turm) bekannte Rest eines Wehrturmes war einst Teil der Stadtbefestigung, der unter englischer Herrschaft gebaut wurde. In der 6-jährigen Herrschaft Englands über die Stadt wollte Henri VII von England Tournai weiter als Festungsstadt ausbauen und ließ die Arbeiten an der Befestigungsmauer weiterführen. Der Großteil dieser Befestigung wurde jedoch im 19. Jahrhundert geschliffen. Außer der von den Engländern erbaute Turm, den dies ist das einzige Gebäude in Belgien, das jemals von einem englischen König in Auftrag gegeben wurde.

Die fünf Türme des UNESCO Welterbes (Kathedrale Notre-Dame)

Mit gleich 5 Türmen hat die Kathedrale Notre-Dame einen unverwechselbaren Platz in der Skyline von Tournai. Mit dem Bau wurde 1110 begonnen. Vor allem das romanische Mittelschiff und der frühgotische Chor verleihen der großen Kathedrale sein mächtiges Aussehen. Die 5 Türme schließen das Gesamtbild ab. Jahrhundertelang blieb die Kathedrale unbeschädigt, sie überstand Kriege und Brände. Doch 1999 wütete ein Tornado in Tournai, der auch die Kathedrale beschädigte. Seitdem werden die Türme und die Außenwände stabilisiert. Deswegen sind große Teile der Kathedrale immer mal wieder eingerüstet und eingepackt. Auch im Inneren der Kathedrale wird fleißig gearbeitet. Teilweise wird die Decke und Wandmalereien restauriert, andererseits werden in Gruben archäologische Ausgrabungen gemacht. Wegen der Arbeiten ist es zurzeit auch nicht möglich, die komplette Kathedrale zu besuchen.

2000 wurde die Kathedrale in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen.

Kathedrale von Tournai
Seit 1999 ist die Kathedrale immer mal wieder mit Gerüsten verpackt.

Der Name der Stadt sagts schon…

Es gibt neben den hier benannten Türmen natürlich noch weitere Türme in der Stadt. Da wären z.bsp. die vielen Kirchtürme oder die Jugendstielvillen mit ihren kleinen Türmchen im Bahnhofsviertel. Überall trifft man immer wieder auf neue oder alte Türme. Aber wen wunderts, schließlich heißt die Stadt TOURnai (Tour ist französisch für Turm) …

Andy

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